Es gibt immer mehr Theorien, wie am besten mit Pferden umgegangen und wie sie ausgebildet werden sollten. Aber umso mehr Anleitungen und Tipps gegeben werden, umso weniger hören die Menschen auf ihre Pferde und hören auf, selbst nachzudenken. Und das darf man bei der Arbeit mit Pferden nie: Aufhören zu denken, umdenken, was anderes probieren. Denn jedes Pferd ist anders und ein allgemein gültiges Rezept kann nicht auf allen angewandt werden.

Da gibt es mal die neueste Erkenntnis, dass man Herdenchef sein muss, das sogenannte Alphatier, damit das Pferd uns akzeptiert und gehorcht. Ich werde jetzt mal eine Frage stellen: WARUM IST UNS DAS SO WICHTIG?
Vielleicht weil wir um ein vielfaches schwächer sind???

Um diese Theorie zu bestätigen wird die Pferdeherde in natura hergenommen. Da gibt es strenge Hierarchien. Allerdings ist es auch so, dass die Herde dem Boss unter den Pferden zwar mit Respekt begegnet , aber auch froh ist, wenn dieser weit weg ist. Wollen wir das als Menschen wirklich auch?

Ich glaube zum einen nicht, dass Pferde glauben, dass wir Menschen Pferde sind.
Und das zweite ist, dass Pferde unsere gespielten Versuche, den Chef abzugeben durchaus durchschauen. Denn Chef zu sein bedeutet nicht , tun und lassen, was wir wollen, und das Pferd muss gehorchen. Im Gegenteil, der anerkannte Chef muss die richtigen Entscheidungen treffen, dh Entscheidungen, die auch für das Pferd fühlbar gut sind.

Warum glauben wir als Menschen immer, wir müssen ÜBER etwas stehen, um nicht darunter zu sein? (Ist ja auch oft bei Mann und Frau so).
Zugegeben, eine Beziehung zu einem Pferd, das in der Rangordnung eindeutig über uns steht und sich respektlos verhält, ist für den Menschen gefährlich. Wie wäre es mit gegenseitigem Respekt, gegenseitigem Vertrauen, gegenseitigem Zuhören und aufeinander zugehen?
Zugegeben, es ist der schwierigere Weg, ein Weg, wo man Gehirn und Herz einschalten muss, ein Weg wo man vielleicht auch wieder umkehren oder umdenken muss, aber es ist sicher der schönere Weg, der von gegenseitigem Lernen geprägt ist.

Denn im Grunde lernen wir den Pferden ja nichts. Die Dinge die wir ihnen beibringen wollen, konnten sie ja schon, bevor sie uns kennenlernen durften. Die Gangarten und Galoppwechsel zB können sie ohne uns. Es geht wieder nur um die Verständigung, wann und auf welches Zeichen sie was machen sollen.

Im Gegensatz dazu können wir von den Pferden sehr viel mehr lernen. Allein ihr Fluchttierverhalten im Gegensatz zu unserem Raubtierverhalten ist in vielen Dingen nachahmungswert: zB ihr Energiesparpotenzial: Verwende soviel Kraft wie nötig, aber so wenig wie möglich.

Gerade weil diese Tiere uns so entgegenkommen und uns auf ihren Rücken tragen, sind sie es wert, dass auch wir ihnen entgegenkommen und nachdenken, bevor wir was tun.

Denn erst wenn wir ein gemeinsames Ziel haben (das Pferd und ich), entsteht Partnerschaft.



Bei der Ausbildung von Jungpferden, lernt das Pferd alles, was es dann unter dem Sattel können muss, vom Boden aus: mit Stimmkommando, Druckaufbau.
Mit dem Knotenhalfter lernt es anfangs dem Druck in allen Richtungen nachzugeben, um dann sehr fein im Maul zu werden. Schließlich geht es dann nur mehr darum, das Reitergewicht auszubalancieren und zu akzeptieren und die Kommandos unter dem Sattel zu verknüpfen.

Wichtig bei der Arbeit mit Jungpferden ist vor allem die Verhinderung.
Verhinderung von Angst, aus der Unaufmerksamkeit entstehen kann,
Verhinderung von Überforderung, aus der Unwilligkeit entstehen kann,
Verhinderung von Unterforderung aus der Übermut entstehen kann
und Verhinderung von unklaren Regeln, aus der Respektlosigkeit entstehen kann.

Besser diese Dinge kommen nie zum Vorschein und man muss nicht hinterher dagegen ankämpfen.